Obwohl Netzwerken meine Leidenschaft ist, stand mir die Messe Engagement Weltweit vom AKLHÜ dieses Jahr etwas bevor: In dieser krisenhaften Zeit, wo es mehr Fragen als Antworten gibt, erscheint die Entwicklungszusammenarbeit voller komplexer Kontroversität. Doch statt sozialem oder politischem Rückzug ist gerade jetzt Dialog, Austausch und Begegnungen so wichtig und wohltuend.
Und so entpuppte sich die Messe Engagement Weltweit insbesondere in diesem Jahr als ein Forum der guten und bewegenden Gespräche!
Auf der Agenda stand ein spannendes Rahmenprogramm mit Panels zu Dekolonialisierung und Zukunft der Internationalen Zusammenarbeit. Auch ich durfte bei einer Paneldiskussion zu Einstiegsmöglichkeiten in der IZ einen Beitrag leisten, der bewusst kritisch und mutmachend zugleich war.
Während Messen sich oft als Schaulaufen oder aalglatte Selbstinszenierungen in Form von perfekten Pitches gestalten, war dieser Tag ein Zusammentreffen von sehr aufgeschlossenen Menschen mit unglaublich spannenden aber auch bedrückenden Geschichten, großer Offenheit und ehrlichen Zweifeln und Sorgen in dieser ver-rückten Zeit. So begegneten uns am Infostand des beruflichen Netzwerkes Spinnen-Netz beeindruckende Menschen:
- Da war die toughe Entwicklungsdienstlerin, die nach mehreren Jahren aus dem Libanon zurückkam und sich im sicheren aber bräsigen Deutschland erst Mal wieder orientieren muss.
- Da war eine starke junge Frau, die nach ihrem Bachelor lang im Irak und Syrien gearbeitet hat, aber vom „fehlenden“ Master herausgefordert ist.
- Da war der Wirtschaftsexperte, der dem Investmentbanking den Rücken kehrt und nun auf der Suche nach einer sinnstiftenden Tätigkeit ist
- Oder der russischstämmige NGO-Experte, der hier - vielleicht aufgrund ihres konsonantenreichen Namens und nicht perfekten Deutsches den Zugang zum Arbeitsmarkt nicht finden oder als Hilfsarbeiter jobben.
Und die Gespräche zu Machtasymmetrien zeigten, dass es nicht um eine Selbstbeweihräucherung der EZ-Szene ging, sondern dass die Akteure den Diskurs der Dekolonialisierung bewusst führen, damit geflügelte Begriffe wie „partnerschaftliche Zusammenarbeit“ nicht nur Lippenbekenntnisse sind.
Sowohl die Anfeindungen aus rechter Ecke als auch massiven Mittelkürzungen samt starkem Spendenrückgang zwingen die EZ ihre Rolle selbstkritisch und selbstbewusst zu reflektieren.
Damit sie im Kontext der multiplen Krisen nicht nur Aufräumkommando nach Kriegen und damit einhergehenden humanitären und ökologischen Desastern ist.
- Sondern vielmehr, dass hochindustrialisierte Staaten die Auswirkungen der übermäßigen Ressourcenverschwendung und Klimawandelbedingten Zerstörung bereit sind zu kurieren oder zumindest kompensieren
- Und präventiv, um weitere Krisen und Klimazerstörung vorzubeugen
- Oder um Advocacyarbeit zu leisten, um Macht- und Vermögens-Assymmetrien in der Finanzarchitektur und in den Welthandelsbeziehungen transparent zu machen und zu beheben.
- Das Eingeständnis, dass solange die Fluchtursachen nicht behoben sind, die EZ auch für menschenwürdige Fluchtwege und Zugänge für Menschen zu einem Leben in Sicherheit und Freiheit mitgestalten sollte.
Seit der Kolonialzeit kennen und akzeptieren wir das Unequal-Level-Playingfield, auf dem Ressourcen und Land ungleich verteilt sind.
Dass Reichtum und Armut sich einander bedingen, wollen wir nicht hören.
Dass nach dem ausbeutenden Ressourcen-Abbau seit einem knappen Jahrhundert nun seit Jahrzehnten auch fortwährende Klimaschädigung betrieben und Lebensgrundlage in vielen Süd-Ländern zerstört wurde, findet kaum Verantwortliche
Dass nun bei der aktuellen COP viel zu wenig Kompensationen vereinbart wurden, ist beschämend. Die Absenkung von 1,3 Billionen auf 300 Milliarden, die bis 2035, zeigt, wie wenig Verantwortung die wohlhabenden Staaten zeigen.
- Warum ist die Übergewinnsteuer für Gas/ölkonzerne im Vorfeld der COP nicht noch aktiver vorangetrieben worden?
- Wie sieht es aus mit der Reform der internationalen Finanzarchitektur? Wozu das Gpf Europe und das Netzwerk Steuergerechtigkeit arbeitet
- Welche freiwilligen oder steuerlichen Anreizsysteme gibt es noch um die Profiteure moralisch zur Kasse zu bitten?
- Wie kann man die weitere Verwässerung des Lieferkettengesetzes verhindern, wo u.a. #Südwind, FEMNET #Brot für die Welt, Germanwatch, Oxfam inkota-Netzwerk
All das sind Fragen, an denen wir dranbleiben müssen.
Mehr Ehrlichkeit in diesen Diskussionen wäre gut. Dafür bildete die Messe mit ihrem Rahmenprogramm zu Dekolonialisierung ein gutes Forum.
In den vielen Einzel-Gesprächen ging es dann auch um Zweifel, Sorgen aber auch das Bedürfnis nach konstruktivem Austausch und Ideen für soziale und ökologische Transformation und wie man in Anbetracht der Kriege in den Zivilen Friedensdienst einsteigen kann. Und es ging um den großen Wunsch nach sinnstiftenden Tätigkeiten und mehr Einbindung.
Genau das können wir mit dem beruflichen Netzwerk Spinnen-Netz bieten. Neben den vielen spannenden Jobs und freiberuflichen Auftragen könnt ihr Menschen treffen, mit denen ihr euch austauschen könnt oder die ihr fragen könnt, wie das Arbeiten in einem bestimmten Feld, Land oder Arbeitskontext ist. So könnt ihr eure Werte, Erfahrungen und Erwartungen besser bei der Jobsuche miteinander in Einklang bringen.
Probiert es gern aus mit der kostenlosem Schnuppermitgliedschaft: Hier registrieren
Oder kommt zur Onboarding Spinn.bar am 29.11 um 12.30
Danke an den AKLHÜ , Wanja Ameling für die Konzeption und Annekathrin Schneider für die gelungene Organisation der Messe www.engagement-weltweit.de und Whitney Cecilia Akowuah für die gelungene Eröffnung und wertvollen Denkanstöße auf dem Podium. Und an Sheyma Arfawi und Alena Sander Und Samantha Ruppel von FEIN-consulting für die tollen Moderationen
Und ein Riesen-DANK an mein Team am Stand: an Alina Gerstenberger Brigitte Binder, Jakob Etzold und Jenny Morin Nenoff! Ihr wart so tolle Gesprächspartner:innen und auch von euch weiß ich wie lebendig, vielseitig und auch tiefgründig die Gespräche waren.
+++ Dank und Beitrag von Antje Schultheis +++